Das "Suchen" nach Glück - ein Fragment von vielen....

#1 von Andrea , 12.06.2022 22:47

Glücklich, wer vom Leben nicht mehr verlangt, als es ihm aus freien Stücken gibt, und sich vom Instinkt der Katzen leiten läßt, die Sonne suchen, wenn Sonne scheint, und wenn sie nicht scheint die Wärme, wo auch immer sie zu finden ist.
Glücklich, wer auf seine Persönlichkeit zugunsten der Vorstellungskraft verzichtet, sich am Betrachten fremder Leben erfreut und, wenn auch nicht alle Eindrücke, so doch das äußere Schauspiel der Eindrücke anderer erlebt.
Glücklich, zu guter Letzt, wer auf alles verzichtet und wer, da er auf alles verzichtet hat, um nichts beschnitten oder gebracht werden kann.
Der Bauer, der Romanleser, der reine Asket - diese drei kennen das Glück des Lebens, denn alle drei verzichten auf ihre Persönlichkeit - der eine, weil er instinkthaft lebt und somit unpersönlich, der andere, weil er in der Vorstellungswelt lebt und somit im Vergessen, der dritte, weil er nicht lebt und, da er nicht tot ist, schläft.
-Fernando Pessoa - (Wenn das Herz denken könnte...)

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RE: Das "Suchen" nach Glück - ein Fragment von vielen....

#2 von Andrea , 22.06.2022 23:22

Anselm Grün findet das Glück in der Askese.

Glückliche Ochsen?
"Wäre das Glück in den Freuden des Leibes, so dürften wir die Ochsen für glücklich halten, wenn sie wilde Zuckererbsen zu fressen finden." Der antike griechische Philosoph Heraklit hat seine Philosophie so drastisch ausgedrückt. Trotzdem hat er nicht ganz recht: Wenn ein Kind glücklich ist, drückt es das Glück im Leib aus. Das Glück ist leibhaft. Wenn wir uns wohlfühlen in unserem Leib, ist das schon eine Ahnung von Glück. Für Heraklit besteht das Glück nicht in den Freuden des Leibes. Ist das Ausdruck asketischer Leibverachtung? Ich denke nicht. Im Leib fühle ich mich glücklich, wenn ich in Beziehung bin mit meinem Leib, wenn mein Geist im Leib wohnt, wenn ich meinen Leib liebe und in diesem Leib mein Selbst. Nicht die Erfüllung leiblicher Bedürfnisse macht glücklich. Denn die kann auch zur Sucht werden, die zum Unglück führt. Nur wenn der Geist im Leib wohnt, wenn der Geist mit den Sinnen des Leibes schaut, hört, riecht, schmeckt und betastet, wird er das Glück leibhaft erleben. Aber zum Glück gehört auch immer die Grenze. Ich kann beim Schmecken einer süßen Speise Glück erfahren, aber nur wenn ich ganz im Schmecken bin, ganz in diesem Augenblick. Wer alles in sich hineinschlingt, wer beim Essen Angst hat, zu kurz zu kommen, der kann nicht genießen. Genießen setzt Verzichten voraus, Glück die Askese.
-Anselm Grün-

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