Ich weiß, dass ich nichts weiß. (Sokrates)
Strebt die menschliche Seele deshalb so stark nach Wissen, um mit dem Ungewissen besser umzugehen? Denn die Wahrheit nichts zu Wissen, ist schwer zu ertragen.
Ich weiß, dass ich nichts weiß. (Sokrates)
Strebt die menschliche Seele deshalb so stark nach Wissen, um mit dem Ungewissen besser umzugehen? Denn die Wahrheit nichts zu Wissen, ist schwer zu ertragen.
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Es gibt bei Aristoteles die Verbindung zwischen eudaimonia und theoria. Wissen macht glücklich. Und deshalb streben alle Menschen "von Natur" nach Wissen. - Das ist in der Neuzeit anders. Die Wahrheit soll gefunden werden; aber die Wahrheit muß dann auch ertragen werden. Dieser Gedanke war für die Antike noch unbedeutend, weil nach antiker Vorstellung der Mensch in einem Kosmos angesiedelt war, einer "Schmuckordnung". (Im Wort Kosmetik steckt noch diese Verbindung von Kosmos und Schönheit; kosmeo = ordnen, schmücken) - Im christlichen Mittelalter ist es ein wohlmeinender Gott, der den Menschen in seine Schöpfung "einsetzt". Gott garantiert die Wirklichkeit. Und hier beginnt es schon sehr früh, bei Augustinus, daß die Neugierde (curiositas) in den Katalog der Laster verbannt wird: der Mensch soll nicht in die Gott vorgehaltenen Geheimnisse dieser Schöpfung schauen; er soll sich nach innen wenden. - Das Mittelalter treibt die Allmacht Gottes schließlich auf die Spitze und dabei heraus kommt ein nominalistischer Gott der Willkür, der jederzeit seine Schöpfung auch wieder vernichten könnte. Gott wird eine unberechenbare potentia absoluta. Es entsteht das Problem der Kontingenz: alles kann so, aber auch ganz anders sein. - Die Neuzeit entsteht aus diesen Schwierigkeiten der spätmittelalterlichen Theologie. Hier ist es vor allem Nikolaus von Kues, der diese Dinge auf den Punkt bringt. Mit ihm beginnt (nach Blumenbergs Auffassung) die Neuzeit. Jetzt ist der Mensch darauf angewiesen, sich selbst zu behaupten. Die Entdeckungen von Kopernikus, Galilei und Keppler zeigen, daß entgegen den antiken und mittelalterlichen Vorstellungen die Erde und damit der Mensch nicht das Zentrum des Kosmos ist. Nicht die Sonne dreht sich um die Erde, sondern die Erde dreht sich um die Sonne. Das hat natürlich gravierende Folgen für das Selbstverständnis des Menschen. Der Mathematik Pascal schreibt, ihn schaudere es angesichts der unendlichen Weiten des Universums. Macht Wissen jetzt immer noch glücklich wie Aristoteles es sah? - Wissen kann auch desillusionieren. Wissen und Wahrheit müssen ertragen werden können. -
Hans Blumenberg hat diesen gesamten Prozess in Die Legitimität der Neuzeit und in Die Genesis der kopernikanischenWelt behandelt.
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Das ist sehr interessant Nauplios!
Jetzt habe ich einen guten Überblick auf das Ganze bekommen.
Ich habe vor einiger Zeit einen tollen Artikel bei Spektum Wissen gelesen. Leider finde ich diesen nicht mehr. Damals ging es um die Evolution des Menschen.
Die wesentlichen Punkte im Bereich des Gehirns, bei denen sich der Mensch evolutionär vom Tier unterscheidet.
Dem Mensch war es möglich im Außen seine Informationen festzuhalten. So konnte man immer wieder auf vorhandenes zurückgreifen und auch daran weiterarbeiten.
Außerdem konnte bzw. kann der Mensch abstrakt denken.
So brauchte nicht etwas immer wieder neu erfunden werden.
Ein Affe müsste ein Rad immer wieder neu erfinden.
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Hans Blumenberg schreibt in, Kapitel 1 /Theorie als exotisches Verhalten (Das Lachen der Thrakerin)
"Je mehr eine wissenschaftliche Disziplin dem
》Ideal 《 exakter Empirie sich annähert, um so ausschließlicher arbeitet sie an Präparaten und Meßdaten, die sie von der Zufälligkeit der Erscheinung ihrer Gegenstände unabhängig machen."
Wo führt uns die heutige Informationsflut an Wissen hin?
Verlieren wir immer mehr den sinnerfüllenden Wunsch nach der Erfahrbarkeit der Dinge?
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Zitat von Andrea im Beitrag #4
Wo führt uns die heutige Informationsflut an Wissen hin?
Verlieren wir immer mehr den sinnerfüllenden Wunsch nach der Erfahrbarkeit der Dinge?
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Zitat von Nauplios im Beitrag #5
Und da Du Das Lachen derThrakerin erwähnst, Andrea: Ist nicht auch der Sturz des Thales und das Lachen der thrakischen Magd eine Konstellation von Lebenswelt und theoretischem Interesse? -
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So schnell geht es und man fällt selbst in das Wasser hinein.
Nun aber mit Betonung:
"Eine" Urgeschichte der Theorie
😉
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"... eine kleine einfache Geschichte" (Andrea)
Ja, es sind Geschichten wie diese, sei es in Form der Anekdote oder in Form der Fabel u.ä., welche bei Blumenberg unter dem Titel der Unbegrifflichkeit laufen. Dazu gehört auch die Metapher als ein Mittel der Sprache in Bildern. Auch hier ließe sich ein reines Denken in definierten Begriffen (eine cartesianische Vorstellung) unterscheiden von einem Denken, das Elemente des Unbegrifflichen verwendet, das in Bildern, in Mythen, in Anekdoten .... also in Erzählformen, in Narrationen seinen Ausdruck findet.
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