Indiskretion

#1 von Nauplios , 05.06.2022 16:17

Weil die Philosophie Denk- und Lebensform ist, weil man mit der Philosophie leben kann und gelegentlich vorgegeben wird, ohne sie nicht leben zu können, greift das Interesse an der Philosophie nicht selten über die Denkform über in die des Lebens. Wie lebt ein Philosoph? - Dieses Übergreifen kann sich zur Übergriffigkeit entwickeln, wenn die Frage sich darauf ausweitet, wie ein Philosoph stirbt. Es ist bekannt, daß Hans Blumenberg zu den Liebhabern letzter Worte gehörte. Im Fall Heideggers hat er in Die Sorge geht über den Fluß eine Fiktion entworfen, die Heideggers mögliche letzte Worte als Kondensat seiner Philosophie vorstellen (S. 222). Der 85-jährige Walter Bröcker, Schüler Heideggers, schreibt daraufhin einen Brief an wiederum seinen Schüler Blumenberg, der dem Fiktum das Faktum zur Seite stellt. Bröckers authentische Quelle war dabei Elfriede Heidegger. Der Brief Bröckers sei "ohne Groll", berichtet Blumenberg in Die Verführbarkeit des Philosophen (S. 107) und ist "zuversichtlich, daß (s)eine Fiktion - weil Fiktionen doch immer stärker sind als Fakten - überleben wird." (S. 108) -

Über die Umstände des Todes von Hans Blumenberg haben seine Biographen penibel berichtet und auf den Wunsch nach Unsichtbarkeit keine Rücksicht genommen.


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Nauplios
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Die Klugheit der Metapher
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